SAB: Negative Folgen der Zweitwohnungsinitiative sichtbar
Mit der Annahme der Zweitwohnungsinitiative hat sich die Mehrheit der Schweizer für eine Begrenzung des Zweitwohnungsbaus ausgesprochen.
Dieses Votum wurde mittlerweile im Rahmen der Zeitwohnungsgesetzgebung umgesetzt. Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Berggebiete (SAB) hat jetzt auf einer Tagung in Bern eine erste Zwischenbilanz der eingeleiteten Massnahmen gezogen.
Die Auswirkungen sind danach verheerend. Die Zweitwohnungsinitiative habe in den Berggebieten erhebliche volkswirtschaftliche Schäden verursacht. Der Immobilienmarkt sei zusammengebrochen, Arbeitsplätze würden abgebaut, die Hotellerie könne nicht mehr erneuert werden und die Krise im alpinen Tourismus habe sich weiter verschärft.
Darunter litten auch die 413 betroffenen Gemeinden, welche mit Steuerausfällen bei gleichzeitig steigendem Verwaltungsaufwand kämpfen müssten. Es werden aber auch Potenziale gesehen. Sie bestehen u.a. in der Nutzung vorhandener Bausubstanz wie etwa der ortsbildprägenden oder schützenswerten Bauten innerhalb der Bauzonen. Diese Potenziale vermögen allerdings nach SAB-Ansicht die Einbussen nicht zu kompensieren.
Eingebrochener Immobilienmarkt
Weiter erklärt die SAB: Die Zweitwohnungsinitiative hat im schweizerischen Berggebiet deutlich sichtbare volkswirtschaftliche Schäden verursacht. Der Immobilienmarkt ist nach einem letzten Aufbäumen im Jahr 2013 eingebrochen. Die Anzahl der Baubewilligungen für Mehrfamilienhäuser liegt im Durchschnitt der betroffenen Gemeinden rund 40% tiefer als in den Jahren zuvor. Gleichzeitig hat die Anzahl von Eigentumswohnungen, die zum Verkauf anstehen, massiv zugenommen, so im Pays d’Enhaut (VD) und in Tre Valli (TI) um das Dreifache.
Als weitere Folge sind auch die Preise auf dem Immobilienmarkt eingebrochen. Das durchschnittliche Preisniveau ist in den letzten vier Jahren in Zermatt um 11%, in St. Moritz um 13% und in Saanen um 15% zurückgegangen. Betroffen von dieser Entwicklung sind nicht nur die touristischen Hochburgen, sondern praktisch alle Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20%. Zum Vergleich: gleichzeitig stieg das durchschnittliche Preisniveau in der Schweiz um 6%.
Gemeinden erleiden Steuerausfälle
Die Zweitwohnungsinitiative betrifft somit nicht nur die Besitzer von Zweit- sondern auch von Erstwohnungen. Sie müssen in vielen Fällen eine Wertminderung hinnehmen. Betroffen sind auch die Standortgemeinden. Wegen der Steuerausfälle können die Gemeinden notwendige Investitionen nicht mehr vornehmen und verlieren längerfristig an Attraktivität.
Gleichzeitig steigt der Verwaltungsaufwand für die Gemeinden durch die zusätzliche Grundbucheinträge, Gesuchsprüfungen und Kontrollen enorm an. Etliche Gemeinden im Berggebiet haben in letzter Zeit versucht, diese Steuerausfälle durch die Einführung einer Zweitwohnungssteuer zu kompensieren. Nur werden dadurch gerade die treuesten Gäste, die Zweitwohnungsbesitzer, unnötig verärgert.
Hotellerie schwer belastet
Vor der Abstimmung zur Zweitwohnungsinitiative wurde von den Initianten ins Feld geführt, dass die Hotellerie von der Initiative profitieren werde. Das Gegenteil ist eingetreten. Die Nachfrage nach Hotellogiernächten ist den Berggebietskantonen in den letzten drei Jahren massiv eingebrochen. Am stärksten betroffen waren Tessin (-9.5%), Graubünden (-8.7%) und Wallis (-3.8%). Demgegenüber konnten städtische Gebiete wie z.B. Zürich (+6.3%) und Genf (+2.4%) zulegen.
Die Zweitwohnungsinitiative ist ein Faktor von mehreren, welcher zu diesem Nachfragerückgang führten. Die Hotellerie im Alpenraum leidet massiv. Die Hotelimmobilien verlieren an Wert. Die Finanzierungsmöglichkeiten für die Hotellerie werden weiter eingeschränkt. Da die Banken die Tourismusbranche nur äusserst zurückhaltend unterstützen und die Querfinanzierung durch den Verkauf von Zweitwohnungen eingeschränkt wurde, ist der Neubau eines modernen Hotels ohne externes Sponsoring wie im Fall von Andermatt praktisch nicht mehr möglich.
Es gibt auch Potenziale
Der Bund hat auf die Herausforderungen im Tourismus mit einem tourismuspolitischen Impulsprogramm für die Jahre 2016 – 19 reagiert. Zahlreiche Akteure in den Bergregionen versuchen, mit neuen Projekten verbleibende Potenziale zu nutzen. In der Leventina (TI) wurde beispielsweise in Zusammenarbeit mit der SAB ein erhebliches Potenzial an vermietungsbereiten Zweitwohnungsbesitzern innerhalb der Bauzonen identifiziert. Diesen wurde die Möglichkeit eröffnet, sich auf bestehenden Plattformen wie E-Domizil präsentieren zu können.
Ein erhebliches Potenzial für den Tourismus – aber auch für die Baubranche – besteht in der Umwandlung alter, nicht mehr gebrauchter Ställe innerhalb der Bauzonen. Ein erfolgreiches Beispiel dazu ist die Initiative Anakologe im Val d’Hérens (VS), in der alte Ställe unter Einhaltung des äusseren Erscheinungsbildes liebevoll saniert werden. Das Zweitwohnungsgesetz erlaubt die Umwandlung derartiger Gebäude innerhalb der Ortskerne, sofern sie ortbsildprägend oder schützenswert sind.
Die Umsetzung in den Kantonen ist unterschiedlich weit fortgeschritten. Am weitesten ist Graubünden, wo auch der Denkmalsschutz obligatorisch einbezogen werden muss. Nicht jedes ortsbildprägende Gebäude eignet sich allerdings für die Umnutzung zu Wohnzwecken. Wichtig ist ein Gesamtkonzept für das Ortsbild, welches die Gemeinde erstellen muss.
Korrekturen unumgänglich
Die Zweitwohnungsinitiative und weitere Entwicklungen wie die Aufhebung des Euro-Mindestkurses machen den Berggebieten schwer zu schaffen. Die SAB fordert deshalb ein stärkeres Engagement des Bundes zugunsten der Berggebiete und ländlichen Räume. Die Zweitwohnungsgesetzgebung weist eindeutige Mängel auf, welche mittelfristig behoben werden müssen.
Dazu gehört beispielsweise die Klausel, dass nur 50% eines nachweislich unrentablen Hotels in Zweitwohnungen umgewandelt werden dürfen. Diese Klausel ist in der Praxis nicht umsetzbar und verhindert den nötigen Strukturwandel. Die SAB wird die Entwicklungen rund um die Zweitwohnungsthematik weiterhin aufmerksam beobachten und nötigenfalls mit politischen Vorstössen reagieren.
Artikel von: Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB)
Artikelbild: Gaspar Janos – shutterstock.com